Wer nicht will, findet Gründe. Wer will, findet Wege.

Bei Hausaufgaben helfen? Mach endlich Schluss mit dem täglichen Hausaufgabenterror!

06-2020 | Kinder, Jugendliche, Lesen und Schreiben, Schule und Lernen

Viele Kinder sind dankbar, wenn sie anfangs in der Grundschule Unterstützung von ihren Eltern bekommen. Doch ist es tatsächlich gut, deinem Kind immer bei den Hausaufgaben zu helfen? Leider entwickelt sich aus der Hilfestellung oft eine Gewohnheit, die sich bis in die weiterführende Schule fortsetzt. Am Ende leiden alle Beteiligten darunter.

kind-hausaufgaben-helfen-lernen-schule

Für uns als Eltern ist es schwierig zu erkennen, ab wann unser Kind uns wirklich noch braucht und ab wann es besser wäre, es aus dem sicheren Hafen in die Selbständigkeit zu entlassen. Natürlich wollen wir Eltern unsere Kinder vor allem Negativen bewahren. Doch gehört es zur Entwicklung und zum Prozess des Erwachsenwerdens dazu, mit Niederlagen und Frustration umgehen zu können.

Bei den Hausaufgaben helfen: Geteiltes Leid = halbes Leid?

Was sich für die Kinder zunächst als „geteiltes Leid ist nur halbes Leid“ anfühlt, mündet oft in ein „geteiltes Leid ist doppeltes Leid“. Selten bleibt es bei einem harmonischen miteinander Arbeiten und die Eltern dienen irgendwann nur noch als Müllhalde des angestauten Frusts ihrer Kinder, die sich über die lästigen Hausfgaben beschweren, die sie zu erledigen haben. Der Konflikt um die Hausaufgaben spitzt sich teilweise bis zur Verweigerungshaltung und Ausrastern zu.

Da die Eltern so tief in die Schulthematik ihrer Kinder involviert sind, bleibt eine emotionale Verstrickung nicht aus.

Je mehr Energie wir als Eltern in die Schulkarriere unserer Kinder investieren, umso wichtiger sind uns die Früchte unserer Mühen. Bei den Eltern wächst der Ehrgeiz und je mehr davon die Eltern spüren, umso mehr scheint er bei den Kindern zu schwinden. Dieses Ungleichgewicht setzt die Kinder unter Druck und verursacht bei allen Beteiligten Unbehagen.

Neulich führte ich ein Gespräch mit einer Mutter in meiner Praxis zu genau diesem Thema. Sie war total verzweifelt, weil der Familienfrieden kaputt war, es nur noch um Schule ging und sie völlig genervt davon war, dass ihr Sohn von alleine so gar nichts macht, die Hausaufgaben verweigert und immer nur dagegen geht und meckert.

Sie sagte: „Ja, aber wenn ich nicht mit ihm lerne oder bei den Hausaufgaben helfe, dann macht er von sich aus gar nichts. Immer muss ich ihn antreiben und an seine Hausaufgaben erinnern. Es ist schrecklich! Von alleine passiert einfach nichts. Das geht doch nicht. Oder soll ich ihn da etwa wissentlich reinrennen lassen? Es kann schließlich keine gute Note bei rauskommen, wenn er nicht lernt.“

Wenn es soweit gekommen ist, dann haben Mutter und Sohn den Absprung voneinander verpasst.

Wie lässt sich die negative Spirale um Hausaufgaben und Lernen durchbrechen?

Um aus der negativen Spirale rauszukommen, müssen beide Parteien etwas verändern. In oben genanntem Fall braucht der Sohn genügend Selbstvertrauen, um die Erfahrung machen zu können, dass er seine Hausaufgaben auch ohne Beisein und Ermahnung seiner Mutter erledigen kann. Im Gegenzug braucht die Mutter genügend Gelassenheit und „Loslassen können“, um ihm den entsprechenden Vertrauensvorschuss geben zu können, der es ihm ermöglicht, seine eigenen Erfahrungen zu sammeln. Und das kann eben auch heißen: Weniger bei den Hausaufgaben helfen.

Das kann nicht von heute auf morgen klappen, weil sich alle Muster viel zu lange eingebrannt haben. Vielmehr ist es ein Prozess. Je nachdem, wie verfahren die Lage bereits ist und wie lange sich das Kind schon gegen das Lernen und die Hausaufgaben gewehrt hat, kann es auch sein, dass das Klassenziel nicht mehr erreicht werden kann. So ist das dann halt. Viel wichtiger ist jedoch die längerfristige Perspektive

Wenn Familien Hilfe bei mir suchen, haben die meisten noch ein paar Jahre Schule vor sich und so lohnt es sich immer, an der Abnabelung zu arbeiten.

Es geht nicht um die Hausaufgaben, sondern um die Beziehung

Ein wichtiger Aspekt dabei ist, das Problem auf der Beziehungsebene anzugehen. Viele Kinder gauben, dass ihre Eltern sie nur lieben, wenn sie die von ihnen erwartete Leistung erbringen. Das ist furchtbar belastend für die Kinder und manchmal sind sich die Eltern dessen gar nicht bewusst, weil jegliche klare Sicht auf die Dinge durch die Nebelschwaden der gegenseitigen Beschimpfungen und Vorwürfe getrübt ist.

Deshalb ist es ganz wichtig, deinem Kind wieder das Gefühl zu geben, wie wertvoll, wundervoll, einzigartig und liebenswert es ist– schließlich dachtest du das doch von deinem Kind, als du es als ganz kleinen duftenden und hilflosen Säugling in den Armen gehalten hast. Damals hattest du noch keine bewussten Erwartungen an dein Kind – nur Hoffnungen und Wünsche.

Wir als Eltern sollten uns bewusst machen, dass die Schule nur einen einzigen Aspekt im Leben unseres Kindes abbildet. Doch genau über diesen Bereich definieren sich viele Kinder irgendwann fast ausschließlich. Das finde ich furchtbar traurig. All das andere, was noch in unseren Kindern steckt, rückt in dem ganzen Schulfiasko völlig in den Hintergrund.

Leicht passiert es dann, dass unser Kind aufgrund des angekratzten Selbstwertes anfällig für Dinge wie Unzufriedenheit über das eigene Aussehen, die falschen Freunde, Selbstzweifel, Weltschmerz und anderes wird.

Die Veränderung muss auf mehreren Ebenen stattfinden

Im oben genannten Beispiel der Mutter und ihres Sohnes waren auf mehreren Ebenen Veränderungen notwendig.

Aufgrund der lange schon ausbleibenden Erfolgserlebnisse hatte der Junge unter seinem geringen Selbstwertgefühl zu leiden.

Zum einen traute er sich selbst nichts (mehr) zu und zum anderen verglich er sich mit seinen Klassenkameraden und fühlte sich ihnen gegenüber unterlegen und als viel schlechter. Das wiederum versuchte er während des Unterrichts durch Quatschmachen auszugleichen. Er dachte, dass er an Beliebtheit dazu gewinnen würde, je öfter er die anderen Kinder zum Lachen brachte. Dass dadurch das Klassenklima litt, weil die Lehrer zunehmend genervt waren und dies sich negativ auf den Umgang mit der ganzen Klasse auswirkte, war ihm nicht bewusst.

Im Gespräch mit ihm fanden wir einige blockierende Glaubenssätze. Einer davon lautete „egal, was ich mache, es wird ja doch nichts“. Wenn jemand an die Wahrheit eines solchen Satzes glaubt (=Glaubenssatz), ist es für Außenstehende völlig klar, dass dies nicht der Wahrheit entspricht und dieser Satz keine Allgemeingültigkeit aufweist. Die Menschen, die Glaubenssätze in sich tragen, sehen das jedoch ganz anders. Deshalb ist es wichtig, sich von diesen Sätzen zu befreien. Im Coaching haben wir noch zwei andere behindernde Glaubenssätze gefunden und wir konnten alle drei erfolgreich auflösen.

Selbständig Hausaufgaben machen: Dein Kind braucht ein realistisches Ziel

Es wichtig für den Jungen, ein eigenes Ziel für sich zu finden. Das muss kein so großes Ziel sein wie „ich möchte mein Abitur schaffen“, sondern sollte viel eher ein realistisches und erreichbares Ziel sein wie zum Beispiel „ich möchte selbständig meine Hausaufgaben erledigen“ oder „ich möchte mich in Englisch verbessern“. Ungeeignet wäre die Zielformulierung „ich möchte am Ende des Schuljahres eine zwei“ (erst recht, wenn der jetzige Leistungsstand auf einer 5 ist). Das sind alles die inneren Faktoren, von denen ich in meinem Blogbeitrag 4 Motivationstipps: „Jetzt will doch mal!“ – Ich zeige dir, wie leicht es ist spreche.

Um all dies dann auch tatsächlich umsetzen zu können, brauchte der Junge praktische Hilfen, die ihm einen leichten Lerneinstieg ermöglichten. Für die Mutter war es wichtig loszulassen. Das ist manchmal leichter gesagt als getan. Gewohnheiten geben Sicherheit.

In einer gemeinsamen Sitzung konnten sich Mutter und Sohn über ihre Bedürfnisse austauschen. Das gab beiden Sicherheit, weil sie nicht das Gefühl hatten, den anderen „in die Leere“ zu entlassen. Ihr Sohn wünschte sich Selbstbestimmung und Verantwortung, wohingegen die Mutter aus dem Bedürfnis der Sicherheit und Liebe gehandelt hatte. Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Wogen glätten, wenn beide die gute Absicht des anderen wahrnehmen und anerkennen.

Beide wollten sich die Erfüllung ihrer Bedürfnisse zugestehen und wir konnten ein gutes Konzept erarbeiten, auf das sich Mutter und Sohn einlassen konnten. Schließlich wollten ja beide unbedingt eine Veränderung.

kind-selbstandig-hausaufgaben-helfen

Fazit: Bei den Hausaufgaben helfen oder nicht? Was du konkret umsetzen kannst

Aus meinen Erfahrungen empfehle ich dir, deinem Kind in Schulangelegenheiten wirklich nur so wenig wie möglich unter die Arme zu greifen. Also solltest du ihm ständig bei den Hausaufgaben helfen oder beim Lernen unterstützen. Zu hoch ist das Risiko, dass ihr in einer negativen Spirale landet, die alle oben genannten Gefahren mit sich bringen kann.

Du hilfst deinem Kind längerfristig viel mehr, wenn du es zum eigenständigen Lernen motivierst und anleitest. Dadurch tust du viel mehr, um dein Kind vor Schulfrust zu bewahren.

Selbstverständlich ist jedes Kind anders und es gibt Kinder, die tatsächlich Unterstützung brauchen, weil sie ernst zu nehmende Lernschwierigkeiten haben von denen auszugehen ist, dass sie nicht von alleine verschwinden.

Auch sollte klar sein, dass es nicht für alle Kinder nur DIE EINE Lerntherapie gibt. Es ist nicht leicht, in der Fülle der Angebote die passende Methode für dich und dein Kind zu finden. Wenn du dich diesbezüglich weiter informieren möchtest und noch nie von „Reflexintegration“ gehört hast, lege ich dir meinen Blogbeitrag zu diesem Thema sehr ans Herz.

Ich wünsche dir und deinem Kind eine entspannte, fröhliche und durchaus auch Freude bringende Schulzeit, an die ihr euch mit mindestens neutralen Gefühlen zurück erinnern könnt!

Wie gefällt dir mein Beitrag?

Hinterlasse mir einen Kommentar unten auf dieser Seite oder auf Facebook, teile den Artikel gerne oder schreib mir. Ich freue mich auf dein Feedback!

reflexintegration-frühkindliche-reflexe-silke-kraemer

Ich bin Silke Krämer.

Kinder- und Jugendcoach Professional, NLP Master und Coach, EMDR Traumatherapeutin und Gymnasiallehrerin

Ich helfe Familien, wenn es Schulstress gibt und daheim die Fetzen fliegen. Außerdem unterstützte ich Mütter und Väter dabei, sich den Herausforderungen des Familienlebens selbstbewusst zu stellen.

Als Trainerin für Reflexintegration helfe ich deinem Kind, damit ihm die Schule bei Konzentrations­schwächen, Lern- und motorischen Problemen leichter fällt.

Hol dir meine Familienpost!

Erhalte kostenlos etwa alle zwei Wochen nützliches Wissen, Tipps und Denkanstöße für dich und deine Familie aus meiner Coachingpraxis. Für weniger Stress mit der Schule, ein gutes Miteinander und eine starke Persönlichkeit.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert